
Twitter droht Pleite - schon wieder macht eine Elon Musk Schlagzeile die Runde. Und das, obwohl der Visionär und Milliardär das Unternehmen erst vor gut zwei Wochen zum Preis von 44 Mrd USD kaufte. Aber wie kann es sein, dass so ein erfolgreicher Unternehmer, welcher mit Space X ein milliardenschweres Luft- und Raumfahrtunternehmen sein eigen nennt und Tesla aus dem Nichts im Jahre 2002 zum wertvollsten Automobilhersteller der Welt führte, sich so täuschen konnte? Oder steckt berechnendes Kalkül dahinter?
Gerade einmal zwei Wochen ist es her, dass Elon Musk Twitter übernommen hat. Bereits vor der Übernahme war klar, dass er Twitter von der Börse nehmen will und Erwerbsangebote machten die Runde im Internet. Mit diesen Angeboten wollte sich Musk die Mehrheit sichern, um im sogenannten Delisting-Verfahren dafür zu sorgen, dass die Aktie fortan nicht mehr an der
Börse handelbar
ist.
Im Falle von Twitter führte der Buy Out zum gewünschten Erfolg - Musk machte den Aktionären ein Übernahme- bzw Erwerbsangebot und erhielt auf diese Weise die Mehrheit zum Rückzug von der Börse. Tatsächlich schloss sich aber im Falle von Twitter auch ein sogenannter Squeeze Out an. Das bedeutet, dass Anleger wortwörtlich aus dem Aktienbesitz herausgequetscht und ihre Anteile automatisch verkauft werden.
Wochenchart der Twitter-Aktie
Das hatten sich die Anleger der Twitter Aktie beim Börsengang 2013 mit Sicherheit anders vorgestellt, aber das Angebot mit etwa 54,20$ erschien den Anlegern scheinbar gut genug.Der Kurs lag damit zwar unterhalb des ATH bei knapp 80$, aber doch noch deutlich über dem Ausgabepreis. Anleger der ersten Stunde kamen so auf eine jährliche Rendite von 8%.
Dazu ein paar Kennzahlen:
In einem nächsten Schritt feuerte Musk etwa jeden zweiten Mitarbeiter von Twitter, um ihn dann doch wenige Tage später wieder zurückzuholen. Von der Kündigung erfuhren die Mitarbeiter per Mail. Von der Rückholaktion erfuhren sie dann – wie könnte es anders sein - per Tweet des neuen Besitzers.
Von der Wiedereinstellung erfuhren die Mitarbeiter per Tweet
Laut einer mit den Vorgängen vertrauten Person will die Nachrichtenagentur Bloomberg erfahren haben, dass die Personen versehentlich entlassen worden seien und für das Twitter-Ökosystem unerlässlich sind. Die nicht wieder eingestellten Mitarbeiter arbeiten bereits an einer Sammelklage, da Musk mit diesem Vorgehen mangelhafter Kommunikation rund um die Entlassungen gegen geltendes Recht verstoßen haben soll.
So unvorhersehbar kam die Kündigungswelle jedoch nicht. Schließlich kritisierte Musk in der Vergangenheit immer wieder die Führung des Unternehmens und warf den Verantwortlichen mangelnde Redefreiheit auf der Plattform vor. Musk selbst sieht sich als Absolutisten der Meinungsfreiheit, sodass er keinen Hehl daraus machte, das Unternehmen radikal umgestalten zu wollen.
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In einem offenen Brief schrieb er sogar, dass Twitter kein "Ort des Grauens" werden, dürfe wo ohne Konsequenzen alles gesagt werden könne. Der Nachrichtendienst müsse "warm und einladend für alle" sein. Er habe Twitter nicht gekauft, weil es einfach sein würde oder um mehr Geld zu machen, schrieb Musk weiter. "Ich tat es, um der Menschheit zu helfen, die ich liebe."
Von der Kündigung erfuhren die Mitarbeiter per Mail
Und so vergeht kaum ein Tag, an dem Musk nicht irgendwelche Änderungen ankündigt. Aktuell macht ganz besonders eine Nachricht die Runde - Twitter droht die Pleite. Sollten nicht alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen, dann sei eine Insolvenz noch im folgenden Jahr unabwendbar sein.
„Tut mir leid, dass dies meine erste E-Mail an das ganze Unternehmen ist, aber es gibt keine Möglichkeit, die Botschaft zu beschönigen", schrieb er. Twitter verdiene sein Geld derzeit fast ausschließlich mit Werbung. "Ohne erhebliche Einnahmen aus Abonnements ist die Chance groß, dass Twitter den bevorstehenden wirtschaftlichen Abschwung nicht überlebt", schrieb er. Zu Deutsch - es drohe die Twitter Pleite.
Wie ernst die Lage des Unternehmens wirklich ist, konnten Interessierte der Presse entnehmen. So berichtete der Finanzdienst Bloomberg kürzlich, dass sich der Verlust von Twitter im zweiten Quartal auf 270 Millionen $ belaufe und sich im kommenden Jahr auf einen Milliardenbetrag erhöhen könnte.
Um wenigstens etwas Geld in die Kasse des Unternehmens zu spülen kündigte Musk daher ein neues Abo-Model an, bei dem verifizierte Konten fortan mit einem blauen Haken versehen werden sollen, um deren Echtheit zu garantieren. Für diesen würde Twitter zukünftig 8$ pro Monat berechnen. Zugleich kündigte er eine weitere Kennzeichnung an, wie sie derzeit beispielsweise schon für Regierungsvertreter wie Zelensky bei Twitter üblich ist.
"Nicht alle zuvor verifizierten Konten werden das neue 'Offiziell'-Etikett bekommen und man kann es auch nicht kaufen", hatte die Chefin von Twitters Produktmanagement, Esther Crawford, zuvor noch erklärt. "Zu den Konten, die es erhalten werden, gehören Regierungsvertreter, kommerzielle Unternehmen, Geschäftspartner, große Medien, Verlage und einige Personen des öffentlichen Lebens." Es ist davon auszugehen, dass zukünftig auch Staaten wie die Ukraine Twitter nutzen werden.
Und tatsächlich erhielten auch hierzulande schon einige Konten diesen grauen Haken - unter anderem das Konto der Nachrichtenagentur Reuters und Samsung Deutschland. Doch kurze Zeit später verschwanden die Haken genauso schnell wie sie gekommen waren. Jedoch erhielten Sie wie Julian Reichelt den blauen Haken zurück.Ob man bald mehr von den grauen Haken zu sehen bekommt darf angezweifelt werden, dann Musk sagte dazu: I just killed it", Musk lässt weiterwissen: "Bitte beachtet, dass Twitter in den kommenden Monaten viele dumme Dinge machen wird." Was funktioniert, werde beibehalten, anderes nicht.
Blaue Haken gewinnen immer mehr an Bedeutung
Das ist auch wichtig und Musk wäre gut beraten, wenn er sich bereits vor der Einführung vermeintlich dummer Dinge mehr Gedanken um die Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit seiner Dienste machen würde. Erste Betrüger nutzten die Chance der bezahlten Verifizierung bereits und legten Fake-Profile zum Beispiel von Geroge W Bush oder vom Basketballstar LeBron James an.
Produktchefin Esther Crawford rechtfertigt jedoch das Verhalten ihres Chefs: "Elon ist gewillt, viel auszuprobieren. Vieles wird scheitern, einiges erfolgreich sein." Ziel sei eine erfolgreiche Mischung erfolgreicher Änderungen, die langfristig für ein gesundes und wachstumstarkes Geschäftsmodell sorge.
Und genau das hat Twitter angesichts des Chaos der letzten Tage auch bitter nötig. Denn nicht überall kamen die Neuerungen Musks so gut an wie beim Ex-Präsidenten Donald Trump. "Ich bin sehr froh, dass Twitter jetzt in vernünftigen Händen ist und nicht mehr von linksradikalen Spinnern und Verrückten geführt wird, die unser Land wirklich hassen", schrieb Trump auf der Social-Media-Plattfrom "Truth Social" dessen Mitbegründer er ist.
Doch nicht nur viele Nutzer kehrten dem Social Media Dienst den Rücken zu, sondern vor allem die wichtigen Werbekunden wandten sich ab. Experten erklärten, dass Twitter kein wichtiger Spieler in den Medien sei und die Werbebudgets der meisten Firmen für den Nachrichtendienst mit spitzem Bleistift kalkuliert seien. Deshalb sei es für sie auch nicht schwierig, die Werbung einzustellen oder zumindest vorübergehend zu pausieren. Gerade weil sie fürchten in Misskredit zu geraten, wenn sie eine von Musk geführte und von Donald Trump gefeierten Werbeplattform nutzen.
Dennoch geht von Twitter sehr viel Macht aus, denn wenngleich Twitter im Vergleich zu TikTok, Insta und Co das kleinste Netzwerk ist, so zählt es unter Experten doch als das Wichtigste, da es sich als beliebter Kommunikationskanal für Prominente und zahlreiche Politiker entwickelt hat. Hierzulande nutzen Politiker wie Karl Lauterbach Twitter regelmäßig, um die Bevölkerung zu informieren.
Zahlenmässig ist Twitter eher ein kleines Netzwerk
Aber man muss der Fairness halber sagen, dass das aktuelle Marktumfeld in dieser Branche nicht gerade einfach ist.Die komplette Social Media Branche steht vor dem Umbruch und fast täglich drängen neue Anbieter auf den Markt. Angesagter als regulierte Social Media Plattformen sind derzeit unabhängige Kanäle wie BeReal oder der Mikroblogging-Dienst Mastadon, der auf ein dezentrales Netzwerk setzt.
Leicht werden die nächsten Monate für Musk und sein 44 MRD Dollar Projekt jedenfalls nicht. Ob einem so mächtigen Unternehmen wie Twitter wirklich die Pleite droht bleibt am Ende abzuwarten. Ein Erfolg wie mit Tesla wäre dem Visionär tatsächlich zu wünschen, wenn bei ihm wirklich Redefreiheit und die Liebe zu den Menschen im Vordergrund stünden. Solange er aber mit unausgereiften Ideen und zumindest zweifelhaften Führungsqualitäten im Unternehmen von sich reden macht, verprellt er mögliche Werbepartner und ehrliche Nutzer, die er aktuell so dringend bräuchte.
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