Schuldenbremse droht für Bundesregierung zur Belastungsprobe zu werden


Schon im Vorfeld der Verhandlungen über eine mögliche Koalition aus SPD, Grünen und FDP stand fest, dass das Thema Schuldenbremse eines der wohl größten Probleme werden würde. Dabei waren die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs zum Zeitpunkt der Gespräche noch nicht im Ansatz absehbar. Umso deutlicher überschattet der Krieg inzwischen die weiteren Planungen der Ampelkoalition. Und damit wird auch die gesetzlich verankerte Schuldenbremse zu einem stetig wachsenden Risiko für die Bundesregierung. Dabei spielen auch und gerade die enormen Ausgaben zur Entlastung der heimischen Wirtschaft einerseits und der Bevölkerung auf der anderen Seite eine wesentliche Rolle. Unstrittig ist für die beteiligten Parteien im Grunde, dass es weitere Maßnahmen braucht, um die enormen Lasten von den Schultern der deutschen Industrie und der Verbraucher zu nehmen.

Um welchen Preis dies jedoch erfolgen kann und sollte, darüber sind sich die Koalitionspartner eben nicht einig. Wie also kann die Politik gegen die historische Inflation vorgehen, ohne eine weiter steigende Neuverschuldung so gut wie möglich zu vermeiden? Genau dieser Punkt birgt reichlich Sprengstoff für aktuelle und künftige Diskussionen innerhalb der Koalition.

 

Steigende Preise für Lebensmittel und Energie – Kritik am Finanzminister wächst

Es sind insbesondere die weiteren Ausbrüche im Bereich der Energiepreise und Lebensmittel, die das politische Bündnis in Berlin vor Herausforderungen stellen. Nicht nur die amtierende SPD-Chefin Saskia Esken kritisierte den liberalen Bundesfinanzminister Christian Lindner zuletzt harsch. An Sinn und Zweck der Einhaltung der Schuldenbremse ab dem Jahr 2023 äußerte Esken öffentlich Kritik. Für die Politikerin steht fest: Ohne Weiteres wird die Rückkehr zur Politik ohne neue Schulden nicht gelingen. Stattdessen müssten die Parteien offen darüber sprechen, wie die Finanzierung der zusätzlichen Kosten aufgrund des Ukraine-Kriegs und der hohen Inflationsraten gelingen könne. Ein pauschales Versprechen zum Ende der Neuverschuldung jedenfalls sei dabei kein angemessener Ansatz.

 

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Lindner: Verständnis für Deutschland Schuldenproblem scheint zu fehlen

Währenddessen ließ Finanzminister Lindner über seine bevorzugte soziale Plattform Twitter verlautbaren, Deutschland müsse dringend wieder die Einhaltung der Schuldenbremse auf den Weg bringen. Er jedenfalls halte an der Umsetzung ab dem kommenden Jahr fest. Es sei dringend erforderlich, Deutschland „aus den Schulden zu führen“, um eine fortgesetzte Mehrbelastung durch stetig steigende Zinsen zu verhindern. Lindner gab dabei allerdings zu, dass dieses Ziel „sehr harte Arbeit und starke Nerven“ verlange. Zwar vermied Christian Lindner geschickt, den Namen der SPD-Politikerin zu erwähnen. Was der Bundesfinanzminister jedoch mitteilt: Es scheine Politiker zu geben, denen das Verständnis für die „ökonomische Zeitenwende“ Deutschland fehlt. Eben diese Wende aber, so Lindner, werde das Land noch über eine lange Zeit beschäftigen.

 

Schuldenbremse könnte Bekämpfung der Inflation deutlich erschweren

Sollte sich die Regierung zeitnah auf die Einhaltung der per Grundgesetz geregelten Schuldenbremse einigen, würde dies lediglich kleine Sprünge bei weiteren Kreditaufnahmen erlauben. Corona hatte die Große Koalition dazu veranlasst, die Schuldenbremse durch Ausnahmeregelungen vorläufig außer Kraft zu setzen. Für das Jahr 2022 beläuft sich die Neuverschuldung dank des frisch verabschiedeten Bundeshaushaltes auf beinahe 139 Milliarden Euro. Das Finanzministerium kündigte eine baldige Vorlage des Etatentwurfs für 2023 an.

Große Aufgaben kosten Geld. SPD-Chefin Esken verwies in ihrer Kritik an den Ankündigungen Lindners unter anderem auf eine Stellungnahme der Europäischen Union. Dort habe es geheißen, die Umsetzung von Schuldenregeln durch zuständige öffentliche Haushalte sei „grundfalsch“, wenn dafür auf wichtige Investitionen verzichtet werde. Sie selbst sei der Auffassung, es brauche neue Wege für Investitionen und die Finanzierung sozialpolitischer Vorhaben.

Die Einschätzung des Bundesfinanzministers hingegen würde eine dämpfende Wirkung im Hinblick auf die Hoffnung der Bevölkerung und Wirtschaft haben. Für Lindner wiederum steht fest: Viel Spielraum habe die Politik nicht, wenn zeitgleich wichtige Sparmaßnahmen in die Tat umgesetzt werden sollen. Alternativ wären Einsparungen an anderer Stelle nötig.

 

Haushalte mit geringem Einkommen entlasten – aber wie?

Dem Plan des FDP-Ministers stehen Überlegungen der Koalitionspartner gegenüber. SPD und Grünen nämlich gehen die bisherigen Hilfspakete für die Wirtschaft und Bürger längst nicht weit genug. Gerade ärmere deutsche Familien müssten noch stärker entlastet werden. Einmal mehr geht es dabei unter anderem um die Ausgaben für Lebensmittel und Energie, wie die grüne Abgeordnete und Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aktuell unterstreicht. Spätestens am Herbst 2022 sei mit noch höheren Belastungen für Haushalte mit geringem Einkommen zu rechnen. Die bisherigen zwei Entlastungspakete der Koalition dürften eher nicht ausreichend, um in diesem Punkt wichtige Weichen zu stellen. Finanzminister Linder jedoch wirbt dafür, zunächst abzuwarten, wie effektiv die inzwischen ergriffenen Maßnahmen wirken werden. Für einen Haushalt mit vier Personen habe die Bundesregierung schließlich für eine finanzielle Entlastung von mehr als 1.000 Euro gesorgt.

Eine dauerhafte kalte Progression gelte es gerade für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen 2023 zu verhindern. Vor einer Forderung nach weiteren Entlastungen aber warnt der Minister. Es bleibt also spannend, wie die Ampelkoalition ihrer Verantwortung gegenüber der Wirtschaft und der Verbraucher gerecht werden kann, ohne sich in zu große politische Widersprüche zu verstricken.

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