ING hebt Freibeträge für Strafzinsen massiv an – Hoffnung auf Ende der Verwahrentgelte


Negativzinsen sind seit Jahren ein „heißes Eisen“ in der Berichterstattung über die deutsche Bankenbranche. Bedingt durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hatten nach und nach immer mehr Banken und Kreditinstitute sogenannte Verwahrentgelte eingeführt. Ab welcher Sparsumme Kundinnen und Kunden Zinsen für die Aufbewahrung ihrer Einlagen zahlen müssen, variiert zum Teil deutlich. Bei einigen Banken werden Zinsen bereits ab einer Summe von nur 50.000 Euro berechnet, andere Anbieter sehen deutlich höhere Freibeträge vor, ab deren Erreichen Sparer zur Kasse gebeten werden. Nun mehren sich die Hinweise, dass für deutsche Banken endlich wieder bessere Zeiten anbrechen könnten. Grund ist die Erwartung einer Anhebung der Leitzinsen durch die EZB. Die Währungshüter dürften, so die Einschätzungen vieler Experten, in naher Zukunft endlich von Zinserhöhungen als Instrument im Kampf gegen die hohe Inflationsrate Gebrauch machen.

Zudem orientiert sich die EZB erfahrungsgemäß an Entscheidungen der US-Notenbank (FED) und anderer Zentralbanken. Besagte FED hatte zuletzt schrittweise Steigerungen in Aussicht gestellt. Als erste Bank reagiert jetzt die ING auf die möglichen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank. Trotz des bisherigen negativen EZB-Einlagenzinses in Höhe von 0,5 Prozent werden bei der Bank ab dem kommenden Sommer erst ab einem deutlich höheren Freibetrag Strafzinsen zahlen müssen.

 

Negativzinsen nur noch für Einlagen ab 500.000 Euro

Eine besondere Rolle im Zusammenhang mit den oft kritisierten Negativzinsen auf verwahrte Ersparnisse kommt der ING Deutschland insofern zu, als das Institut sowohl zu den letzten Banken gehörte, die überhaupt Strafzinsen auf Einlagen berechneten – nun wird die Bank also auch zum Vorreiter, wenn es um die sukzessive Abschaffung der Gebühren geht. Im eigentlichen Sinne handelt es sich dabei nicht um ein tatsächliches Ende des Verwahrentgeltes aufseiten des deutschen Ablegers der Großbank ING aus den Niederlanden. Vielmehr hebt die Bank den Freibetrag für Gelder auf klassischen Bankkonten sowie auf Tagesgeldkonten für Privatkunden von vormals 50.000 auf 500.000 Euro zum Stichtag 01.07.2022 an. Faktisch bedeutet die Anpassung, dass nur noch ein Bruchteil der privaten Kundinnen und Kunden zukünftig Gebühren für die reine Verwahrung fürchten muss.

 

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EZB-Direktor schließt Zinsanstieg nicht mehr kategorisch aus

ING Deutschland-Vorstandschef Nick Jue betont diesbezüglich, dass das Verwahrentgelt für 99,9 Prozent der Kundschaft keine Rolle mehr spielen werde. Die gute Nachricht: Auch für die überschaubar große Gruppe der sehr vermögenden Bankkunden sollen Zinsen nach einer entsprechenden Zinsanhebung durch die EZB wegfallen. Und die Zeichen stehen günstig. Neben Experten kann sich inzwischen auch EZB-Direktor Frank Elderson mittlerweile Positivzinsen ab Juli dieses Jahres vorstellen. Elderson spricht zur Wochenmitte von einer „möglichen Normalisierung der Leitzinsen“. Jue hingegen verweist medienwirksam auf die bewusste Entscheidung, nicht erst auf die wahrscheinliche Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank zu warten. Die Freude bei Millionen deutschen Verbrauchern, die beim vormals unter dem Namen ING-DiBa geführten Institut Bank- und Tagesgeldkonten führen, dürfte entsprechend groß sein.

 

Sicherung des Kundenstamms durch schnelles Handeln

Die Bank verspricht sich viel von ihrem Schritt. So wolle man durch die massive Steigerung der Freibeträge in besonderer Weise all jene Kundinnen und Kunden ansprechen, die die Zustimmung zu überarbeiteten AGB (samt Vereinbarungen zu Verwahrentgelten) ihrer Hausbanken verweigert haben. Der Bundesgerichtshof hatte im vergangenen Jahr entschieden: Haben Banken ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Vergangenheit geändert – und beispielsweise Gebühren in Form von Negativzinsen eingeführt – braucht es rückwirkende Zinsstimmung von Kundenseite. Bei der ING Deutschland hofft nun, weniger Bestandskunden zu verlieren. Die Kundschaft solle profitieren, sollen profitieren, wenn sich das „Zinsumfeld weiterhin positiv entwickelt“, so der Vorstandschef. Von einem wirklichen Ende der momentanen Niedrigzinsphase geht Jue indes nicht aus.

 

ING könnte einen positiven Flächenbrand auslösen

Experten gehen indessen davon aus, dass die Entscheidung der ING Deutschland wegen des harten Wettbewerbs auf dem deutschen Markt wohl schon bald Nachahmer finden dürfte. Und in der Tat: Längst zeichnet sich eine zunehmende positive Stimmung in der Branche ab. Immer mehr Institute erwarten eine günstige Entwicklung auf den Kapitalmärkten und ziehen ihrerseits Korrekturen in Betracht. Und mehr noch: Einige kleinere (Regional-) Banken wie die Oldenburgischen Landesbank haben sich laut Medienberichten bereits von Strafzinsen verabschiedet. Viele weitere dürften folgen. Aus dem Umfeld von Großbanken wie der Deutschen Bank, der Commerzbank, der Hamburger Sparkasse, der Frankfurter Sparkasse und verschiedener Sparda-Banken gibt es inzwischen zumindest vorsichtige Ankündigungen, man wolle zeitnah ebenfalls das Ende negativer Zinsen auf Spareinlagen in die Wege leiten.

 

Sparer freuen sich – Kreditnehmer müssen mit höheren Zinsen rechnen

Was für Sparer durchweg positiv ist, könnte auf dem Kreditmarkt jedoch für gewisse Probleme führen. Insbesondere im Bereich von Baufinanzierungen und Immobilienkredite dürfte die Zeit der Schnäppchenangebote bald enden. Eigentümer und Bauherren in spe müssen sich also allmählich auf steigende Darlehenskosten vorbereiten. Spätestens, wenn die EZB tatsächlich aktiv wird, sind Zinsanhebungen auf den Kreditmärkten unvermeidbar. Verbraucherschützer warnen vor „Schnellschüssen“ und unüberlegten Entscheidungen allein wegen der zu erwartenden höheren Kreditzinsen.

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