Aktien- & Finanzexperte
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Ein Börsengang ist häufig eine gute Gelegenheit, bei neuen Aktien zuzugreifen. Denn wenn das Interesse hoch ist, steigt der Kurs meist schnell und deutlich. In diesem Fall gilt es also, so früh wie möglich zum Zug zu kommen. Das ist machbar im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens, das als „Aktien zeichnen“ bezeichnet wird. Die Abläufe sind streng geregelt, und nicht immer können private Anleger mitmachen. Was hinter dem Aktien zeichnen steckt, soll hier erläutert werden.
Wenn sich ein Unternehmen zum Börsengang entschließt, ist dies ein langwieriger Prozess. Nachdem der Konzern seine Bilanzen offen gelegt hat, wird der Marktwert ermittelt. Dies, verteilt auf die Anzahl der auszugebenden Aktien, ist die Grundlage für den Preis bei der ersten Emission. Das Unternehmen, seine Begleitbanken und die Börse einigen sich im Zuge dieser Vorbereitungen auf eine bestimmte Preisspanne, die dann veröffentlicht wird.
Anleger, die nun zugreifen möchten, können ihr Interesse schriftlich bekunden – das wird „Aktien zeichnen“ genannt. Der Vorgang beinhaltet das Recht, aber auch die Pflicht, die Wertpapiere zum Zeichnungswert abzunehmen.
Wer noch nie bei einer Erstausgabe zugelangt hat, fragt sich natürlich zunächst „Wie kann ich Aktien zeichnen?“ Meist ist die geeignete Anlaufstelle der eigene Finanzdienstleister, denn viele Banken, Direktbanken und Aktienbroker ermöglichen ihren Kunden die Teilnahme an der Bewerbung um neue Aktien, oft online in einem eigenen Segment des Internetauftritts.
Sobald der geeignete Anbieter ermittelt ist – und das kann die Hausbank sein – steuert man als interessierter Anleger auf der Website über das Menü die zum Zeichnen angeboten Aktien an. Hier finden sich nur wirklich verfügbare Anteilsscheine.
Ebenso wie bei normalen Wertpapierkäufen wird hier über einen Klick auf eine interessante Aktie eine Ordermaske aufgerufen. In den Eingabefeldern lässt sich nun die Stückzahl präzisieren und auch der Höchstpreis, bis zu dem ein Käufer gehen würde. Anders als bei der normalen Ordermaske sind die Limits beim Aktien zeichnen jedoch durch die Preisspanne für die Emission eingeschränkt.
Wie es weitergeht, lässt sich an einem hypothetischen Börsengang veranschaulichen. Die Mustermann AG möchte in Frankfurt an die Börse, nach Abschluss der Vorbereitungen wird die Preisspanne für die Erstausgabe zwischen 24,90 Euro und 28,50 Euro angesetzt.
Anleger und Anlegerinnen können nun beim Aktien zeichnen ihr „Höchstgebot“ abgeben, sagen wir, bei 25,20 Euro.
Nun muss die für die Zeichnung angesetzte Frist verstreichen – danach werden die Gebote der Interessenten und Interessentinnen ausgewertet. Nun wird die Börse sich so orientieren, dass nach Möglichkeit sämtliche Aktien in den Handel kommen, und den endgültigen Erstverkaufspreis entsprechend festlegen. Dabei muss die oft nicht einfache Gratwanderung zwischen einem guten Erstverkaufspreis und dem Losschlagen sämtlicher Anteilsscheine gelingen.
Steht nun der Erstausgabepreis fest, hat dies für die Zeichner der Aktien folgende Konsequenzen:
Eine durchaus interessante Frage gilt der Verfügbarkeit der gezeichneten Aktien. Es kann durchaus vorkommen, dass weitaus mehr Zeichnungen vorgenommen werden als ausgegebene Aktien in Planung sind. Wie Unternehmen und Börse auf eine sogenannte Überzeichnung reagieren, ist fallweise unterschiedlich.
Natürlich können mehr Aktien ausgegeben werden, doch häufig werden einfach nicht alle Bietenden bedient. Ist die Nachfrage um ein Vielfaches höher, werden die relevanten Zeichnungen in der zeitlichen Reihenfolge ihres Eingangs bedient.
Aktien zeichnen ist für Anleger und Anlegerinnen durchaus interessant – bietet sich doch hier die Gelegenheit, die Anteilsscheine späterer Börsen-Stars günstig zu erwerben. Daher werden viele IPOs schon lange vorher mit Spannung erwartet, kaufwillige Aktionäre gibt es genug, und die Mechanismen, die die Zeichnung ermöglichen, haben viele Finanzdienstleister längst am Platz.
Dennoch heißt es für private Aktionäre bei interessanten Börsengängen häufig: Wir müssen leider draußen bleiben. Denn natürlich schenken auch institutionelle und Großinvestoren besonders spannenden Konzepten sehr viel Aufmerksamkeit und steigen gern mit beachtlichen Summen ein. Umgekehrt freuen sich die Emittenten, wenn sie beachtliche Aktienbündel für eine gesicherte Kapitalaufnahme losschlagen können und damit dem IPO viel von seiner Ungewissheit nehmen.
Nicht nur bei deutschen Aktien kommen private Marktteilnehmer nicht immer zum Zuge – auch an ausländischen Börsen stellen sich den Zeichnungswilligen Hindernisse in den Weg. Diese könne unterschiedliche Formen annehmen:
Aufgrund der Komplikationen und Schranken ist es meist günstiger, abzuwarten, bis die jeweiligen Aktien in den börslichen Handel kommen. Denn dann lassen sie sich meist ganz einfach über eine deutsche Börse oder elektronische Plattform handeln.
Die Gebühren, die beim Zeichnen von Aktien anfallen, schlagen sich auch bei deutschen Banken und Brokern bisweilen nieder und machen aus dem vermeintlich günstigen Neukauf ein weniger gutes Geschäft. Ideal ist es, wenn der Finanzdienstleister das Aktien zeichnen kostenfrei anbietet, so dass nur die tatsächlichen Erstausgabepreise und handelsplatzüblichen Gebühren der Börse anfallen.
Zwar stellt das Zeichnen von Neuemissionen eine Chance dar, doch grundsätzlich sollten die meisten Vorsichtsmaßnahmen, die auch beim Kauf von bereits im Handel befindlichen Aktien gelten, beim Aktien zeichnen ebenfalls zur Anwendung kommen.
Eine gründliche eigene Bewertung ist unverzichtbar. Natürlich kann man bei neuen Aktien noch keine historische Performance berücksichtigen, doch die Fundamentaldaten, also die wichtigsten Kennzahlen zum Unternehmen, sollten bekannt und veröffentlicht sein. Auch über die Marktsituation beim Börsengang, potenziell starke Wettbewerber und weitere Faktoren, die die Wertentwicklung des Unternehmens beeinflussen würden, sollten sich Aktionäre in spe vorher informieren.
Das Aktien zeichnen hat Vorteile, aber auch Nachteile, die hier im Überblick dargestellt sein sollen.
Vorteile von Neuemissionen | Nachteile beim Aktien zeichnen | |
---|---|---|
Hohe Überzeichnung aufgrund von Hypes sorgen für
gute Renditen bei raschen Wiederverkäufen |
Überhöhte Erwartungen gegenüber enttäuschender Performance in den ersten Jahren nach dem IPO | |
Gute Wertentwicklung bei durchdachtem oder bereits etabliertem Geschäft gegenüber
Einstieg bei Unternehmen, deren Anteilsscheine später möglicherweise zu teuer werden Unkomplizierter Handel über ein Depot |
Verluste durch starke Abverkäufe
Risiken vor allem bei noch ungetesteten Unternehmen |
Garantien gibt es also beim Aktien zeichnen nicht – das spekulative Risiko liegt sogar oft deutlich über dem von bereits gut eingeführten Aktien.
Bei einem Börsengang durchlaufen Unternehmen verschiedene Phasen zur Ermittlung der Börsenreife, des Marktwertes und des Erstausgabepreises. Die Gelegenheit, Aktien zu zeichnen, ist eine Begleiterscheinung dieser Abläufe.
Bisweilen haben Anleger und Anlegerinnen jedoch auch die Möglichkeit, bei neu emittierten Aktien zuzugreifen, ohne diese zeichnen zu müssen. Das ist immer dann der Fall, wenn Unternehmen eine sogenannte Kapitalerhöhung durchführen. Um zusätzliches Kapital aufzunehmen, werden weitere Aktien ausgegeben.
Auch hier gibt es jedoch Spielregeln – so dürfen oft die Altaktionäre bei Interesse bevorzugt zugreifen, erst danach dürfen andere zugreifen. Bisweilen bleiben private Anleger und Anlegerinnen auch hier außen vor, wenn die Neuemissionen im Ganzen an große Investoren gehen.
Ein wenig anders liegt der Fall, wenn neue Aktien verschenkt werden, etwa bei der Ausgründung einer besonders kapitalintensiven Sparte eines Unternehmens. Das kommt durchaus vor – etwa 2013 beim Spin-off von Osram durch Siemens. Die Anleger und Anlegerinnen des Mischkonzerns erhielten Osram-Aktien im Verhältnis 10:1 für die Siemens-Aktien geschenkt. Der Gesamtwert der Anlage änderte sich dadurch nicht – das Kapital wurde nur umgeschichtet.
Beim Zeichnen von Aktien können sich unter Umständen gute Kaufgelegenheiten eröffnen – doch die möglichen Risiken sind weitgehend dieselben wie generell beim Aktienkauf. Hinzu kommt die Entscheidung für ein noch nicht im Börsenhandel bewährtes Unternehmen, so dass man sich nicht auf historische Kurse stützen oder zu Beginn mit Dividenden rechnen kann.
Interessierte Anleger und Anlegerinnen sollten daher zunächst so viele und so kritische Informationen wie möglich zur Neuemission einholen und das Unternehmen auf den Prüfstand stellen. Strategien sind möglich durch rasche Verkäufe bei schnellen Wertsteigerungen, unter Umständen entwickelt sich der Börsen-Neuling auch langfristig lohnend. Garantiert ist das jedoch nicht, zumal die verfügbaren Daten über einen Konzern vor dem Börsengang meist spärlicher und weniger transparent sind als bei bereits gelisteten Firmen, die den Anforderungen der Börse genügen müssen.
Neben den Risiken sollte man auch die Gebühren im Blick behalten, um nicht von den Nebenkosten beim Aktien zeichnen überrascht zu werden – auch wenn es Finanzdienstleister gibt, die die Teilnahme günstig oder gebührenfrei ermöglichen.
Finanzielle Differenzgeschäfte (sog. contracts for difference oder auch CFDs) sind komplexe Instrumente und gehen wegen der Hebelwirkung mit dem hohen Risiko einher, schnell Geld zu verlieren. Der überwiegende Anteil der Privatkundenkonten verliert Geld beim CFD-Handel. Sie sollten überlegen, ob Sie verstehen, wie CFD funktionieren, und ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.